27. September 2009

Gottesglauben, Frauen, Geld (und wie immer etwas Polemik)

Herrlicher Herbsttag. Carla startete um Neun in Schwarzrheindorf (Bonn-Beuel) zu einem Judoausflug; ich fuhr sie hin. Der Beueler Judoclub ist dank seinem Rainer wirklich einzigartig, lustig, aktiv, und doch nicht immun gegen die Anfeindungen heutiger Soft- und Rechthabeeltern, die hinter jedem Klaps eine Missetat an ihrem Liebling beklagen, statt das (meist einzelne) Kind gelegentlich selbst einmal zu erziehen. Und dann schicken sie die Kinder zum Judo statt zum Häkelkurs.

Kaum war dann Carlas Bus weggefahren, läuteten von der nahen Doppelkirche die Glocken, um zehn vor halb Zehn. Ich fühlte mich zur Messe gerufen, und noch dazu in so eine einzigartige Kirche.
Die Doppelkirche war voll (alter Leute), dazu viele Kinder. Sechs neue Ministranten sollten »eingeweiht« werden, also großer Bahnhof mit feierlichem Ein- und später Auszug, Diakon, Weihrauch, Kerzen in Tragekandelabern, Vorwegansprache, zwei Lesungen, Predigt. Und wieder einmal neue Sitten bei der Liturgie – man sollte seine Hostie vor der Messe aus einer Schale in eine andere legen, zum Zeichen dafür, »daß (sic!) die Mitfeiernden den Leib des Herrn nicht aus dem Tabernakel, sondern aus der Feier selbst empfangen« – angeblich ein ausdrücklicher Wunsch des Zweiten Vatikanums (dem von den deutschen Klerikern ja wahre Wunderdinge zugesprochen werden …). Ich hab’s nicht verstanden, nicht gemacht, stamme aber noch aus der Zeit der überall gleichen lateinischen Messe. Jedenfalls war die Messe gut und fromm und schön und lang – unter über einer Stunde tun sie’s hier nicht –, und die Predigt umschiffte modern die harten Sprüche aus dem Evangelium von Hölle und Strafe, einem Tabuthema (»Wenn dich deine Hand zum Bösen verführt, dann hau sie ab; es ist besser für dich, verstümmelt in das Leben zu gelangen, als mit zwei Händen in die Hölle zu kommen, in das nie erlöschende Feuer.«) Unser lieber Gott als stets liebevoller Alt-Ehrenvorsitzender im Verein war im Geiste dabei? Jedenfalls blickte der Auferstandene von oben aus dem ersten Stock segnend auf uns herab. Fünf der neuen Ministranten waren Mädchen, einer ein Junge. Die katholische Kirche sollte wirklich Frauen zu Priestern weihen!

Im öffentlichen Sozialleben dominieren ohnehin schon Frauen, in Schulen, bei der Elternschaft, als Katechetinnen, in Politik – na ja, nicht jede, siehe Bild, über das ich herzlich gelacht habe. (In Wirklichkeit sieht die Dame mit dem »Patentrezept« ganz anders aus.) Die Männer, finde ich, haben sich wohl kopfschüttelnd zurückgezogen. Lösen tut das nichts – jedenfalls nicht den Priestermangel bei den Katholiken.

Meinen letzten Blog, den mit dem Geld und seinem Ursprung, hat scheint’s keiner gelesen, sonst hätte ich doch Protest erwartet. Was wieder einmal bestätigt, dass man Blogs (nur) für sich selbst schreibt.
Als ich bei einer abendlichen Wahlparty einen Bekannten auf die aktuelle Art der Geldschöpfung ansprach, nannte er sofort das Stichwort »fiat money« – woraufhin ich ihn für einen Volkswirt hielt. Nein, den Ausdruck kennten wohl nur ganz wenige, meinte er, und stellte sich als Physiker und Unternehmensberater vor. Sollten Sie also nicht wissen, was dieses offensichtlich sehr mobile Geld ist, dann lesen Sie’s bitte schleunigst nach, notfalls gleich hier unten in meinem Blog vom 18. 9. 2009. Dadurch, dass inzwischen die Banken die primär Geldschöpfenden sind, steigt ihre ökonomische Bedeutung weit über die »Realwirtschaft«, ja über den Staat. Kein Wunder, dass bei Banken so viel gewonnen wird. Reales, »natürliches« Wachstum wird durch die Kreditwirtschaft vorweggenommen; wir laufen sozusagen fröhlich der tatsächlichen Entwicklung ein paar Jahre voraus – auf Kosten der Nachhaltigkeit und zu überhöhtem Preis. Ein grobes Beispiel: Jemand hat eine gute Idee, hunderttausend Euro zu investieren. Er geht zur Bank, die – um bei der groben Rechnung zu blieben – zehn Prozent Zinsen im Jahr und Tilgung in zehn Jahren haben möchte. Also sind schon einmal jedes Jahr zwanzig Prozent aus dem Gewinn der Investition an die Bank fällig. Vielleicht will auch der wirklich Tätige leben, möchte ebenfalls zehn Prozent: Wir sind bei dreißig Prozent p. a., das die Geschichte abwerfen muss. Der Staat will seinen Teil – da fahre ich gar nicht erst fort. Wie hoch soll denn der Gewinn sein, damit das Modell funktioniert? Und wenn, warum geht der Löwenanteil an die Bank? Die Bank ist eben nicht eine Durchgangsstation für Geld, ist kein Geldumschlagplatz, sondern die Quelle aller Hyperliquidität. Sie hebelt Luft und nennt’s Geld. Bei der Gelegenheit habe ich Laie eine recht gute »Geschichte der Krise« in der Wikipedia gelesen, auf http://de.wikipedia.org/wiki/Finanzkrise_ab_2007.

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