29. November 2010

Neu im Unterricht:
Modernes Grundschul-Lernen hinterfragt
Gedanken zu neuen Inhalten und schlechten Ergebnissen

Zugegeben, ich bin bezüglich Schule ein Gestriger, Vorgestriger sogar. Allerdings ist meine Jüngste in der vierten Klasse Grundschule – »Volksschule« hatten wir früher gesagt –, und da bekommen nicht nur sie, sondern auch ich einiges mit.

Rechtschreibung. Von Anfang an wurde uns Eltern eingeschärft, nur ja keine Rechtschreibfehler zu bekritteln. Den Kindern könnte die Lust am kreativen Schreiben verlorengehen. In der Tat schreiben die Mädchen Storys, dass es eine Freude ist. Unsere »Aufsätze« waren nie so lustig und spannend, unsere Sachbeschreibungen nicht so gut wie die Vorträge unserer Kinder (mit Hilfe der Eltern). Vielleicht hat Carla besonders viel Phantasie, jedenfalls wird sie nie rechtzeitig fertig mit ihren Geschichten. Dafür stört beim Lesen ihrer Geschichten öfter einmal die Verkürzung von dass zu das und von denn zu den oder umgekehrt; aßen wird zu ahsen und hinter der sitz Nachberin verbirgt sich die Sitznachbarin. Schade. Im Gym­na­si­um werden sie sich damit die bes­ten Noten ver­sau­en und im Le­ben die Ach­tung manches Kor­res­pon­denz­part­ners oder gar Ar­beit­ge­bers. Recht­schreib­feh­ler wer­den noch nicht als Ka­­va­­liers­­de­­likt an­ge­sehen, das mag noch kommen. Sie zeigen zumindest mangelnde Sorgfalt, schlechten Einsatz von Korrekturprogrammen. Also meines Erachtens: Sofern Ihr Kind nicht total aufmüpfig ist, lehren Sie es beizeiten die Liebe zu korrekter Schreibung, zu Kommas, zu allem, was später den anderen das stolperfreie Lesen erleichtern wird.

In Parenthese: Heute kann es sein, dass in zwei Parallelklassen zwei Arten der Handschrift gelehrt werden, wenn überhaupt, »vereinfachte Ausgangsschrift VAS« und »Schulausgangsschrift SAS«. (Dazu Muster einer praktischen Diskussion, ein FAZ-Artikel zu Geschichte und Problematik.) Handschrift gehört schon gar nicht mehr zum Lehrinhalt, wird aber dennoch gerne genommen, siehe Historie.

Zurück zu Deutsch und Mathe.
»Rechnen konnte ich noch nie«, das ist eine durchaus politisch korrekte, ja demutsvoll-bescheidene Aussage in der heutigen Gesellschaft. »Um Deutsch habe ich mich nie geschert«, das darf nicht einmal ein Multikultianhänger äußern.
Wir haben früher gewisse Grundrechenarten schematisch eingeübt. Erst einmal das Einmaleins. Dann schriftliches Multiplizieren und Dividieren, später sogar am Gymnasium von Hand das Wurzelziehen. Es gab einen eindeutigen Weg, zur Lösung zu kommen. Beim Malnehmen großer Zahlen konnte man mit den zusammenzuzählenden Zeilen nach rechts schwenken oder nach links, das mochte von Schule zu Schule unterschiedlich sein, aber so variantenreich und beliebig wie heute war es noch nie. Nehmen wir das »halbschriftliche« Dividieren. Es wird übrigens schon vor dem Multiplizieren mehrstelliger Zahlen gelehrt, weil’s so schön ist. Beispielaufgabe: 3550 : 50 = ?. Man nehme erst einmal 3000 oder 3500 und teile das durch 50, bekommt dann 60 oder 70, dann 550 oder 50 und teile das dann durch 50, was 11 oder 1 ergibt, und zähle schließlich die Teilergebnisse zusammen: 71. Wer will, kann 3550 auch aus drei Teilen zu­sam­men­set­zen, ähn­lich wie Carla das im Bei­spiel rechts bei 1825:5 macht. Addiert wird dabei nach oben. Jeder Schüler möge da sein eigenes Verfahren entwicklen.
Das Ganze ist nicht schlecht, ist besonders für Zahlenjongleure ein Spass. Für den, der Zahlen weniger liebt und einfach sicher teilen können will, wäre meines Erachtens ein eindeutiges, schematisiertes Verfahren förderlicher. Meine Empfehlung: Pauken Sie mit Ihrem Kind das Einmaleins als Grundlage, laut soundsooft wiederholt, und üben Sie danach eine klare Multiplizier- und Dividiermethode ein, von mir aus die, die Sie selbst gelernt haben. Dann klappt das auch später.

Links:
• Zum (klickbaren) Bildbeispiel von Kurrent aus dem Jahr 1910 siehe meinen Blog über das lange S
• Das moderne Schriftbeispiel stammt aus Carlas Geschichte »Das kleine Flughörnchen Silly«

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