9. Februar 2014

Blackberry-Trauerspiel

Ein Drama in Akten. Dabei stirbt eine Legende. Ein Abklatsch lebt kurz weiter.
   Die Rede ist konkret vom Wechsel von einem Blackberry Bold 9700 zu einem Blackberry Q10.
Mutig. Blackberry führt Ende 2009 das Modell 9700 ein.
   Zur postmortalen Erinnerung als Nachruf: Angekündigt wurde der »Bold« im Oktober 2009, etwa hier von T-Mobile in Amerika oder hier der Bericht von Teltarif. Später überholten ihn schlankere Modelle. Sogar »Tatschskrien« gab’s ab Mai 2011 im »9900 Bold«. Egal. Jetzt ist all das aus.

Der Push

Firmen konnten Mails in einem eigenen Server sammeln und sofort in das Gerät »pushen«, d. h. hinschicken wie eine SMS. Noch heute lese ich in der Wikipedia, rührend: »Die Blackberry-Technik hält die zu übertragende Datenmenge bewusst klein.«. Passé. Private zahlten ihrem Mobilfunklieferanten für den Blackberry-Betrieb monatlich ein Aufgeld. Bei T-Mobile hieß das pushende Postfach Instantemail (alle meine Beispiel beziehen sich auf T-Mobile, pardon Vodafone). Dorthin konnte man Mail direkt hinschicken oder weiterleiten, ein Abruf anders als über den Blackberry war nicht vorgesehen, ebenso kein SMTP-Versand.
www.t-mobile.de/business/tarifoptionen/0,22415,20324-_2125,00.html
€ 4,16 + 19% = € 4,95

Dafür bekam man seine Mails im Blackberry schneller als irgendwo sonst, eben wegen dem Push, dem unverzüglichen Hinschicken aus dem Instantemail-Server. Alle anderen Rechner müssen Post periodisch holen, wie ein Mensch mit Postfach, der es jeden Morgen (mit seinem Hund vielleicht) zur Post läuft. Ohne Push kommt – digital gesehen – kein Briefbote mehr und bringt noch die Post ins Haus.

Pullen, pullen, pullen und immer wieder pullen

Inzwischen müssen sich alle mobilen Geräte, wie die Computer am Schreibtisch oder auf den Knien auch, ihre Post gefälligst selber holen. Das kann man bewusst machen (in Outlook: »Alle senden/empfangen«) – nicht aber im Blackberry. Normalerweise wird nur periodisch »synchronisiert« (abgeglichen), alle halbe Stunde etwa im neuen Blackberry Q10. Das verursacht dann immer wieder Netzverkehr, auch, wenn nichts angekommen ist. Vor allem verzögert das die Postauslieferung ans Gerät. Kürzestmöglicher Abstand beim Q10: fünf Minuten. Wobei man nicht zwischen kostenlosem Holen über W-Lan und zu bezahlendem Abholen über das Mobilfunknetz unterscheiden kann.
   Feinheiten. Der klassische Blackberry bekam beim Push immer nur einen kleinen Vorgeschmack jeder Mail, und holte sich beim Lesen den Rest und die Anhänge portionsweise nach Bedarf, immer nur zwei  Kilobyte. Mailweiterleitungen oder Antworten als persönliche Reaktion des Blackberry-Nutzers passierten aus dem Server, sodass zum Beispiel Anhänge wie Bilder erst gar nicht über Funk oder W-Lan ins Gerät übertragen werden mussten. Halt datensparsam, effizient, technisch gut.
   Wollte man dem Instantemail-Server, genannt BIS, Blackberry-Internet-Server, die Mails nicht direkt schicken, so konnte man ihn sie sich holen lassen. Das tat er dann alle fünfzehn Minuten, im Erfolgsfall danach ein paar Minuten lang alle zwei Minuten – in der Hoffnung, dass gleich noch was nachkommt – und beim Ausbleiben weiterer Mails dann wieder viertelstündlich (Quelle).

Neuzeitliche Versuche, doch zu pushen

Pseudo-Push für Handys: »Imap-Idle«. Moderne, großzügige Mailserver, etwa von Google oder T-Online, aber auch schon bei GMX (eventuell für drei Euro im Monat mehr) können die Mailverbindung zum Klienten (dem Handy) ewig offen halten. Der Klient ruft Mail ab, der Server sagt: Bleib mal bitte in der Leitung! Dann lauft das Ganze im Leerlauf (idle) weiter, bis was kommt. Die Wirkung ist eine sofortige, wie beim Push. Sofern nicht zwischendurch die Verbindung abreißt, etwa weil man bei der Waschmaschine im Keller keinen Empfang hat. Die getrennten Server und Handy merken das oft erst nach zwanzig Minuten. Erst nach einer erneuten Verbindung pusht’s wieder. Außerdem verbraucht das immerwartende Handy dabei eine Menge Strom. Und der Server hat immer alle seine Kunden dranhängen wie eine Sau mit tausend Zitzen. Weiß ich aber nicht so genau, nachlesen kann man Prinzipielles zu Imap hier.
   Wikipedia: With the release of the BlackBerry 10 operating system for its new generation of mobile device, BES is no longer available for non-corporate client email delivery. Instead, BlackBerry 10 offers POP, IMAP, or ActiveSync for transferring email to and from a device. Of these, the latter two can provide push email delivery if the server supports it.
   Die Wirklichkeit ist noch viel vielfältiger. Da gibt es noch »Push-Imap«, was aber was leicht anderes ist. Die US-Wikipedia weiß hier sogar: “The Yahoo! Mail and MobileMe/iCloud push email services for iPhone do not use a standard form of P-IMAP. Yahoo! Mail uses a special UDP message to trigger an email synchronization, while Apple Inc.’s MobileMe push email uses a variant of XMPP.” Dadurch kommt es zu dergleichen Konfusionen: »iOS erkennt die Push-Funktionalität nur bei Exchange-Mailservern. – GMX setzt aber bei seinem ›Push‹ auf IMAP-idle statt Exchange, und das wiederum wird vom iPhone nicht als Push erkannt.«
   Für stationäre Klienten gibt’s meines Wissens keinen Push-Betrieb.

Wechsel vom klassischen zum neuen Blackberry, Modelle mit Q oder Z.

Blackberry Q10 in Weiß
Meine Freundin hat sich einen Q10 zugelegt. Ich sollte ihr den zum Laufen bringen.
   Laut Blackberry gibt es »Blackberry Link«-Software (122_b010_multilanguage«, 161 Megabyte, von hier), die einem dabei hilft – wenn am alten Gerät das Betriebssystem 5 oder höher installiert ist (siehe Einstellungen, Gerät, Software-Aktualisierungen, oben z. B. »Aktuelle Version ist 7.1.0 Bundle 1133« oder 3. Zeile in Info zu Geräteversion). Der Blackberry-Bundle soll »beinahe all Ihre Daten« übertragen. Man kann auch über eine SD-Karte als Zwischenträger übertragen, noch weniger Inhalte.
   Die Software hab’ ich mir vorher in meinen Thinkpad installiert, 48 Megabyte. (Ein zweites dort empfohlenes Hilfsmittel, »Device Switch App«, verlangt zur Installation eine Blackberry-ID, das hatte ich nicht.)
   Die Übertragung klappt wie angegeben, leider wird einem das Ende der Prozedur nicht recht deutlich. Nachher stellte sich heraus, dass ein Teil der Adressen fehlte (oder sich umsortiert unauffindbar versteckte?). Geliebte Klingeltöne – weg! Anwendungen soll man neu suchen und installieren, sofern es sie noch gibt. Usw.
   Vor dem Einrichten eines Mailfachs im ziemlich jungfräulichen Blackberry 10 wollte ich den örtlichen W-Lan ins Gerät bringen. Den fand der Blackberry 10 erst nach einem völligen Neustart (Alt-Shift[rechts]-Del oder hier).
   Das Instantemail-Postfach lässt sich (auch laut T-Mobile-Auskunft) nicht über Pop oder Imap abrufen. Das wäre ja zu einfach gewesen …
   Die Einrichtung von Gmail (Goolemail) klappte gut (siehe *), das kennt Blackberry. Der Abrufinterwall ist auf 30 Minuten gestellt, das Minimum im Gerät sind fünf. Das habe ich eingestellt. (Beim GMX soll das tolerierte Minimalabrufintervall eine Minute sein, bei Web.De soll es eine Viertelstunde sein.) Ein »jetzt synchronisieren« gibt’s nicht. Auch eine differenzierte Einstellung, etwa über W-Lan alle 5, über Mobilfunk nur alle 30 Minuten, gibt’s nicht.
   (*) Gleich am nächsten Morgen stellte sich heraus, Google sei als »Konto ungültig«. Nichts Mailiges ging mehr. Ich hab’s in der Folge trotz wiederholten Versuchen auch nie wieder hinbekommen. Dazu kommt das Durcheinander mit »Googlemail« und »Gmail«, was beim Abruf dasselbe ist, oder doch nicht? In Foren liest man Dinge wie: »Google hat aber Port 143 nicht offen, sondern verlangt zwingend eine SSL-Verbindung auf Port 993 (Server ist imap.gmail.com, wenn Du’s selbst probieren willst)«. Oder unter "Push Email Not Pushing and Slow": "So my q10 has activesync and it doesn’t push e-mails unless I’m on wifi. This just happened by itself two days ago and has become super annoying. It has been golden for the last two months. I can still send e-mails out when I’m on my mobile network but can’t download any incoming messages.“ Andere halten dich für einen Deppen, wenn bei dir Google-Mail nicht klappt, bei denen ging’s auf Anhieb usw.
   Später gelang das Einstellen ihres stinknormalen Pop-SMTP-Geschäftskontos, das ging und das geht. Zwar ohne Imap, schon gar nicht mit Imap-Push, sowas hat man im Büro nicht (warum eigentlich nicht?), das geht allenfalls mobil. Die BB-Trägerin ist’s zufrieden. Einen Datentarif hat sie auch, also. Also ist auch T-Mobile zufrieden.
   Um diesen Teil abzuschließen. Eineinhalbstundenlang knobelte ich an dem Ding rum, im öden Vorraum des Turnhallengebäudekomplexes der irgendwie integrierten Gesamtschule Beuel. Dauernd ging das Licht im Blackberry aus, gerade, wenn ich wiedereinmal das Passwort (in für deutsche Hypochonder genehmer Gestalt à la x§f4517GZ) eingeben wollte. Damit zurück zu Los, back to zero, Fummelbildschirm. Schieben mim Finger gelernt, am besten mit bissl Spucke. Ist ja intuitiv, diese Digitalkulturtechnik. Halt nicht mein Ding, da ohne festen »Halt« – siehe auch Erika 1990. Zum Trost schaltete mein ökologisch korrekter Turnhallenvorraum wegen meiner Unbeweglichkeit immer wieder auf Gutnacht! Finster.
   Das Beste am neuen Blackberry – sagt meine Freundin: die nochmal bessere Tastatur!

Noch zu beachten
Hier die »Startseite«. Ich vermute, die ist mit »Hub« gemeint.

Signatur. Automatisch unterschreibt der Q10 mit »Gesendet von meinem BlackBerry 10-Smartphone.« Schöne Angeberei, aber ansonsten nichtssagend. Ich empfehle nur eine kurze, neutrale Nachricht, dass man mobil gesendet oder versendet, versandt hat, auf dass der Empfänger Tipp- und Flüchtigkeitsfehler nicht so ernst nimmt und überhaupt weiß, man hatte es eilig, und dazu den eigenen Namen, eine Telefonnummer zum zurückrufen, denn Telefonieren ist leichter als E-Mailen. Wie? Offiziell so:
  1. Tippen Sie im BlackBerry Hub auf Menu icon > Settings Einstellungen > E-Mail-Konten.
  2. Tippen Sie auf ein E-Mail-Konto.
  3. Setzen Sie die Einstellung Automatische Signatur auf I.
  4. Geben Sie Ihre Signatur in das Feld ein.
Der »Hub«, sprich Hab, ist wörtlich eine Nabe, meist ein Eisenbahnknotenpunkt oder Warenumschagplatz, hier der Ausgangsbildschirm à la Desktop. – Wie Sie sehen, kann jedes Konto anders unterschrieben werden.
   Umlaute gibt man ein, indem man das Zeichen lange drückt und dann den Umlaut wählt. Kommt in der Anleitung nicht vor, das Stichwort »Umlaut« o. ä. haben die nicht, man sucht am besten nur nach ü. Dann steht’s hier unter »Eingeben von akzentuierten Zeichen oder Sonderzeichen«.
   Was mir bei kniffligen Eingaben am meisten fehlte: eine Pfeiltaste nach links, ohne Löschen, und eine »Zurück«-Taste überhaupt, ein »Escape«, eine Flucht aus einer Sackgasse …

Zeitweiser Parallelbetrieb von altem und neuem Blackberry über dieselbe Rufnummer geht nicht. Bemerkt T-Mobile, dass das Sim-Kärtchen (noch kleiner ausgestanzt, macht einem jeder T-Punkt) in einem neuen Blackberry steckt, so schaltet sie aufatmend den Instantemail-Betrieb aus. Der Absender jeder Mail, die dort hatte landen sollen, bekommt beispielsweise »Von: postmaster@instantemail.t-mobile.de, Betreff: Delivery Status Notification(Failure): Your message: To: Name.Name@instantemail.t-mobile.de, Subject: Das der ursprünglichen Nachricht, Sent Date: Wed Feb 05 08:35:15 2014, has not been delivered to the recipient’s BlackBerry Handheld.« Vewirrt jeden normalen Absender. Grund: Nachrichten auf Instantemail sind – hier: »wären« – nur mit dem alten Blackberry abrufbar. Also Weiterleitung an Instantemail abschalten (lassen)! Übrigens: Eine neue Sim-Karte kostet nichts, wenn man sie als Ersatz für die alte nimmt; wollte man sie als Zweitkarte (»Multi-Sim«) nutzen, wären dreißig Euro fällig.

Rufnummernunterdrückung (CLIP, CLIR)
   Meine Freundin zeigt ihre Mobilfunknummer nicht gerne, wenn sie anruft. Für ihre Familie und Freunde ist das allerdings zuweilen ein Ärgernis. Also hab’ ich ihr empfohlen, beim Anrufen an sie *31# vor die Rufnummer zu setzen. Klappt prima. Nur: Wenn die Nummern mit *31# im Adressbuch stehen, weigert sich das Handy, SMS dorthin zu schicken, es ist zu blöd, *31# zu ignorieren. Doch wozu SMS? Whatsapp!
   Hier die Kodes von T-Mobile. Sollte man sich einmal ansehen, damit man weiß, was es alles gibt. 31# geht je nach Grundeinstellung sowohl zum ausnahmsweise unterdrücken als auch zum ausnahmsweise zeigen.

Sonstige Splitter

Imap bei der Telekom

Blackberry-Support-Forum zur inzwischen historischen Frage, wie oft der Blackberry-Server Post holt:
BIS accounts on a routine POP email server will check every 15 minutes and push new email, and then check again in two minutes, and push new mail, and repeat that for a couple of two minute cycles until no new mail is found, and then revert back to the 15 min cycle, etc., rinse and repeat.

   BIS accounts on IMAP are instant push. Google and Yahool mail are instant.
   There are not options to change the cycle. It is determined by the type of email server you are using.
Und hier: IDLE as a protocol, once turned on, puts the onus on the server to push data.  In addition to pushing data a server SHOULD also implement keepalives in this circumstance otherwise it may not notice that a connection is no longer valid although it appears to be open.  This can happen on TCP connections where keepalives are not turned on.   IDLE is supposed to have a timeout implemented to try to mitigate this in that the server SHOULD drop an IDLE state after 20 minutes or so (some allow tuning of this time interval) and that will detect the hung link, since that causes a transmission to be made down the socket (which will elicit an error.) 
   The RFCs recommend that a server in IDLE time out after about 20 minutes for this reason; the client will, on receiving the close of the IDLE command, re-issue it.  This results in a "heartbeat" every 20 minutes or so and in combination with TCP keep-alives prevents this sort of thing from happening.

Skype für Q10

Schöner, ausführlicher Q10-Test

Link zu diesem Eintrag: http://blogabissl.blogspot.com/2014/02/blackberry-trauerspiel.html

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